László Tõkés

László Tõkés ist Angehöriger der großen ungarischen Minderheit in Rumänien. Sie besteht aus 1,5 Millionen Menschen, die hauptsächlich im Westen des Landes leben, einer Region, die als Siebenbürgen oder Transsilvanien bekannt ist. Er folgte den Fußstapfen seines Vaters und wurde Ende der 1970er-Jahre protestantischer Pastor. Die Obrigkeit wurde zum ersten Mal auf ihn aufmerksam als sie bemerkten, dass er regimekritische Artikel in "Ellenpontok" ("Kontrapunkt"), einer ungarischsprachigen Untergrundzeitschrift, veröffentlichte.

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Réjean Roy interviewt
László Tõkés während der geheimen Mission
in März 1989.
Die Ausstrahlung des Interviews
hat den rumänischen Diktator
Nicolae Ceausescu dazu gezwungen,
ein verhängnisvolles Ultimatum zu stellen.

 

László Tõkés stand nun unter ständiger Beobachtung durch die Securitate und wurde schließlich entlassen, weil er offen über die unzureichenden Zustände in der Kirche gesprochen hatte (zum Beispiel den Mangel an Bibeln). Er war schon zwei Jahre lang arbeitslos gewesen, als die Obrigkeit der Kritik aus dem Westen nachgab und ihn im Juni 1986 eine Stelle als Hilfspfarrer unter Pastor Leo Peuker in der Ungarischen Protestantischen (Reformierten) Kirche in Temeswar antreten ließ. Als Peuker im Dezember plötzlich starb, stieg Tõkés automatisch zum Pastor der Gemeinde auf.

Innerhalb weniger Monate schaffte es Tõkés, die Gemeinde von 30 auf 400 Kirchengänger zu vergrößern. Er nutzte seine sonntäglichen Predigten unter anderem dazu, die schlechten Bedingungen anzuprangern, unter denen das Land damals litt. Vor allem die mangelhafte Versorgung der Menschen mit Nahrung und Energie sowie die Diskriminierung der Minderheiten, die zum Beispiel durch Schließungen oder Assimilation von ungarischsprachigen Schulen erfolgte, prangerte er an. Er stellte sich auch entschlossen gegen die sogenannte Systematisierung, einen großangelegten Plan Ceausescus, tausende Dörfer einfach einzuebnen und die Bevölkerung der ländlichen Gebiete in die Städte zwangsumsiedeln zu lassen. Speziell weil gerade die ländlichen Gebiete eines der letzten Rückzugsgebiete für Menschen ungarischer Abstammung darstellten. Tokés gab westlichen Medienvertretern Interviews und galt bald als bekanntester Dissident des Landes. Er musste sich ausgeklügelte Wege ausdenken, um westlichen Medien Informationen zukommen zu lassen. All seine Aktivitäten und die Versuche der Regierung, ihn dabei zu überwachen und einzuschränken kamen zu einem Höhepunkt, als er 1989 zwei französisch-kanadischen Journalisten ein geheimes Fernesehinterview gab. Die Securitate, die rumänische Geheimpolizei, musste überlistet werden, um die Bänder mit dem Interview außer Landes zu schaffen. Nach der Ausstrahlung des Interviews wurden Tokés von der Regierung Ceausescus einige Ultimaten gestellt, sein Kirchenamt in Temeswar niederzulegen.

Als Tõkés sich weigerte, wurde befohlen, ihn am 15. Dezember, 1989 mit Gewalt aus der Kirche zu entfernen. Die Mitglieder seiner Gemeinde und viele andere Unterstützer kamen, um ihn vor den anrückenden Militäreinheiten und der Geheimpolizei zu schützen. Aus den dort entstandenen Auseinandersetzungen entwickelte sich die rumänische Revolution, die sich schnell über das ganze Land ausbreitete. Ungefähr 1.100 Menschen starben.

Obwohl er verhaftet, geschlagen und vernommen wurde, überlebte Tokés. Die Revolution siegte und am 25. Dezember, 1989 wurde Ceausescu hingerichtet.

László Tõkés ging in die Politik, um sich hauptsächlich den Belangen der ungarischen Minderheit in Rumänien zu widmen. Er wurde später zum Bischof ernannt. Im November 2007 wurde er als Abgeordneter in das Europäische Parlament gewählt.